Who cares? Arbeit feministisch betrachtet. Gemeinsamer Themenschwerpunkt der Freien Radios Österreich. Di. 26.–Fr. 29.10. von 10h bis 10h30 und Mo. 1.–Fr. 12.11. werktags von 11h bis 11h30

Es läuft etwas schief im System – und das nicht erst seit der Corona-Pandemie. Zwischen Erwerbsarbeit, Homeschooling und Pflege sind es vor allem die Frauen, die »systemerhaltende« Aufgaben übernehmen. Und trotzdem sind sie aufgrund schlechterer oder gänzlich fehlender Bezahlung stärker durch Armut gefährdet als Männer.

Wir fragen: Who cares? Wer sorgt für wen in unserer Gesellschaft? Und wen kümmert das eigentlich (nicht)?

Mit dem gemeinsamen Themenschwerpunkt »Who cares? Arbeit feministisch betrachtet« lenken die österreichischen Freien Radios ihren Fokus auf Probleme, die in der öffentlichen Debatte marginalisiert oder oberflächlich behandelt werden. Und machen den Faktencheck: Was heißt Arbeit überhaupt? Wie sieht der Alltag von 24-Stunden-Pflegerinnen, pflegenden Angehörigen und Frauen in der Reinigungsbranche aus? Welche Wege gibt es aus der Care-Krise? Wieso braucht es internationale Kampagnen wie »Lohn für Hausarbeit« auch heute noch? Wie lässt sich Altersarmut bei Frauen verhindern? Und wie hängt die Aufwertung von Sorgearbeit mit einem besseren Leben für alle zusammen?

Antworten darauf gibt es ab Dienstag, dem 26.10.2021, von Montag bis Freitag in 14 jeweils halbstündigen Beiträgen auf allen Freien Radios Österreich und anschließend zum Nachhören im Onlinearchiv.

Das Campus & City Radio St. Pölten strahlt die Beiträge des Themenschwerpunkts 2021 jeweils ab 10 Uhr aus.

(1) Di. 26.10.: Radio AGORA 105,5; Klagenfurt: »Wer wird mich pflegen?« Gestaltung: Asja Boja, Sara Pan und Dorian Krištof
Wieso wird gerade die als wichtig empfundene Sorgearbeit meist schlecht bezahlt? Ist dem überhaupt so? Falls ja – warum, und wer verrichtet sie?

(2) Mi. 27.10.: Radio B138; Kirchdorf a. d. Krems: »Frauen und Arbeitsmarkt«: Julia Bauer
Julia Bauer ist Leiterin des AMS Kirchdorf. In dieser Interviewsendung berichtet Julia Bauer über die aktuelle Lage der Frau am Arbeitsmarkt, u. a. wie lange es laut aktuellen Statistiken noch dauert, bis Männer und Frauen tatsächlich gleichgestellt sind.

(3) Do. 28.10.: Radio Freirad; Innsbruck: »Arbeit (Substantiv, feminin [die]): Für einen erweiterten Arbeitsbegriff.« Gestaltung: Elisabeth Grabner-Niel und Sylvia Aßlaber (Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft – AEP)
Von Frauen geleistete Arbeit wird allzu rasch aus dem Blickfeld geschoben: Unsichtbar gemacht, abgewertet oder als ein »Tun aus Liebe« in den Himmel gehoben und damit auch materieller Abgeltung entzogen. Wo findet politische und soziale Arbeit ihren Platz? Wie hängen Sorgearbeit (an Mensch und Natur), Erwerbsarbeit, politische Arbeit und Arbeit zur Selbstentwicklung zusammen?

(4) Fr. 29.10.: Radio FRO; Linz: »Bündnis gegen Ausbeutung«: Anna Leder. Gestaltung: Margit Happerger
Menschen mit hohem Pflegebedarf nehmen oft die Hilfe von 24-Stunden-Betreuer*innen, die mehrheitlich aus Osteuropa kommen, in Anspruch. Das System der 24-Stunden-Betreuung fußt auf Ausbeutung und Respektlosigkeit. Die Betreuer*innen haben schlechte Arbeitsbedingungen und sind mit 3, 4 Euro Stundenlohn extrem unterbezahlt. Lange hatten sie keine Interessensvertretung, doch vor kurzem haben Aktivistinnen eine Organisation gegründet, die auf die Missstände hinweist und deutliche Verbesserungen für jene fordert, die diese unentbehrliche Arbeit machen. Margit Happerger im Gespräch mit Anna Leder von der Interessensvertretung der 24-Stundenbetreuer*innen – IG 24.

(5) Mo. 1.11.: Radio Helsinki; Graz: »Sie nennen es Liebe. Wir nennen es unbezahlte Arbeit: Kontinuitäten der unvollendeten feministischen Revolution«
Feministische Ökonomie Kritik ist nichts neues, Anfänge finden sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Durch die autonome Frauenbewegung der 1970er Jahre wurde die Bedeutung der Sorgearbeit (Reproduktionsarbeit) für den Kapitalismus stärker diskutiert. So hat die internationale Kampagne “Lohn für Hausarbeit” nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil, die Verhältnisse haben sich verschärft, Arbeitsbedingungen sind prekärer und Frauen leisten neben ihrer Lohnarbeit (oft in Pflegeberufen) nach wie vor die meiste Pflege- und Hausarbeit. Radio Helsinki wirft einen Blick auf die Verbindungslinien historischer feministischer Kämpfe und der aktuellen Carekrise mit den nterviewpartnerinnen Judith Derndorfer, Referentin in der AK Wien in der Abteilung für Wirtschaftswissenschaften und Statistik und Susanne Schultz, Politologin und Soziologin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u. a. feministische Theoriebildung und Geschlechtertheorien, Rassismus- und Migrationsforschung, Intersektionalitätsforschung und Reproduktionsmedizin und Reproduktionsverhältnisse.

(6) Di. 2.11.: Radio Orange 94.0; Wien: »Wege aus der Care-Krise«: Initiative Mehr für Care!
Die Care-Krise zeigte sich auch am Mangel an Pfleger*innen und der besonderen Vulnerabilität von 24-Stunden-Betreuer*innen aus dem Ausland deutlich. Unverkennbar wurde, dass dieses Sorgemodell, die auf Kosten unter- und unbezahlter Arbeiter*innen beruht, nicht nachhaltig sein kann. Die Pandemie machte die Kritik an diesem Modell lauter und verlieh der Debatte um Alternativen neue Dringlichkeit. Wir sprechen mit Vertreter*innen der Initiative Mehr für Care! über die Wege aus der Care-Krise und diskutieren darüber, wie man Care-Arbeit nachhaltig und solidarisch denken und adressieren kann.

(7) Mi. 3.11.: Freies Radio Salzkammergut; Bad Ischl: »Anders schreiben, anders altern? Über Care-Arbeit, Literatur und weibliche Altersarmut: Veronika Bohrn Mena und Barbara Rieger.« Gestaltung: Magdalena Stammler
Das Schreiben ist ein einsamer Beruf. Oder?! Zwei Autorinnen berichten über das Schreiben und dessen Verbindungen ins weibliche Leben. Veronika Bohrn Mena ist Sachbuchautorin und Publizistin. Sie beschäftigt sich u. a. mit weiblicher Altersarmut und liefert Vorschläge, dieser entgegenzuwirken. Barbara Rieger ist auch Autorin, allerdings im literarischen Bereich: Die von ihr unlängst veröffentlichte Anthologie »Mutter werden. Mutter sein« widmet sich Care-Arbeit aus künstlerischen Perspektiven.

(8) Do. 4.11.: Campus & City Radio 94.4; St. Pölten: »Who kehrs? Frauen in der Reinigungsbranche«. Gestaltung: Anna Michalski
Es geht um Wertschätzung und Anerkennung: Sie haben meist Migrationshintergrund, arbeiten privat und nicht versichert, oder in der Gebäudereinigung: Sie werden schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen, arbeiten in Teilzeit und zu Randzeiten, oft in der Früh und am Abend. Denn, wer will schon während der Arbeit im Büro die Putzfrau sehen?! Während der Corona-Zeit waren die Reinigungsfrauen an vorderster Hygiene-Front und einem höheren Risiko ausgesetzt. Es geht aber auch anders: Eine Reinigungsfirma mit Sitz in St. Pölten macht’s vor. Markas kümmert sich um Sprach- und Fortbildungskurse und vermittelt Aufstiegschancen. In »Who kehrs« berichten Betroffene und Expertinnen von ihren Erfahrungen.

(9) Fr. 5. 11.: Radio Freequenns; Liezen: »Finanziell abgesichert in der Sorgearbeit (Care) – eine Vision?«
Care-Arbeit ist zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt und genießt – wohl auch, weil sie oft nicht bezahlt ist – wenig Anerkennung. Radio Freequenns geht der visionären Frage nach, ob das so sein muss und ob z. B. ein Care-Fonds an dieser Schieflage etwas ändern könnte.

(10) Mo. 8.11.: Radio OP; Oberpullendorf: »Finanziell abgesichert – Das neue Pflegemodell für pflegende Angehörige im Burgenland«
Kann das ein Modell für ganz Österreich sein? Oder verhärtet es die bestehenden Strukturen, dass Pflege Angelegenheit von Frauen bleibt? Was meinen die Frauenberatungsstelle und das AMS Oberpullendorf dazu?

(11) Di. 9.11.: Radiofabrik; Salzburg: »Unbezahlbar! Unbezahlbar? – Die Arbeit von pflegenden Angehörigen Frauen in Salzburg«
Pflege zu Hause bedeutet oft: hohe Verantwortung, Stress, finanzielle Einschränkungen sowie starke körperliche und psychische Belastung. Trotzdem werden in Österreich rund 80 % aller hilfs- und pflegebedürftigen Menschen von – zum Großteil weiblichen – Angehörigen gepflegt. Die Radiofabrik beleuchtet den Alltag von pflegenden Angehörigen in Salzburg und fragt nach, wo sie Unterstützung bekommen können.

(12) Mi. 10.11.: Radio Ypsilon; Hollabrunn: »Who Cares? Rupert Dworak«. Gestaltung: Herbert Leschanz
Ein auch für Gemeinden sehr wichtiger Themenkomplex: Was unter einer Pflegereform »mit Hausverstand« verstanden werden könnte und wie eine solche Reform aus Sicht des Sozialstaates – in diesem Fall: der Gemeinden – auszurollen wäre, darüber spricht Herbert Leschanz mit Rupert Dworak (Bürgermeister von Ternitz, Gemeindebund-Präsidentstellvertreter und SPÖ-Kommunalpolitiker). Immerhin vertritt der österreichische Gemeindebund 2.084 Gemeinden und 80 Prozent der Bevölkerung.

(13) Do. 11.11.: Freies Radio Freistadt; Freistadt: »Geht’s noch!? – Was Frauen leisten. Christine Lasinger«. Gestaltung: Claudia Prinz
Beim Wort »Arbeit« denken wir fast ausschließlich an berufliche Tätigkeiten – an Erwerbsarbeit. Wer erledigt jedoch unbezahlte Arbeiten: Care-Arbeit, wie die Pflege von Familienangehörigen, die Kinderbetreuung und die Haushaltsführung. Hauptsächlich Frauen. Im krassen Kontrast zum Gesamtarbeitspensum steht dennoch die Einkommensschere. Frauen verdienen auch im 21. Jahrhundert im Durchschnitt wesentlich weniger als Männer, selbst in denselben Berufsfeldern. Die Mehrfachbelastung durch die Care-Arbeit bedingt oft auch fehlende Versicherungszeiten, die später zu Altersarmut führen. FRF-Moderatorin Claudia Prinz spricht mit Christine Lasinger, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle BABSI in Freistadt, über diese Problematik und Lösungsansätze dazu.

(14) Fr. 12.11.: Radio Proton; Dornbirn: »Taking care everywhere! Gemeinwohlorientierte Initiativen in Vorarlberg«
»Taking care« bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und sich um das Leben und lebenserhaltende Prinzipien auf unserem Planeten zu kümmern. Die Zerstörung des Lebens auf der Erde muss gestoppt werden und eine sich sorgende, gemeinwohlorientierte Gesellschaft entwickelt werden. Das Leben und das Gemeinwohl müssen in den Mittelpunkt gestellt werden anstatt der Profitmaximierung für Einzelne. Dies bedeutet auch, dass mehr Anerkennung, Aufwertung und angemessene Bezahlung von Sorgearbeit in allen Bereichen dringend notwendig sind! Viele Initiativen und Organisationen beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit dem Aufbau unterschiedlichster alternativer Lebens- und Wirtschaftsformen und haben Modelle für ein gemeinwohlorientiertes Leben, Arbeiten und Wirtschaften entwickelt und leben diese bereits konkret.

[Grafiken: Juliana Melzer]